Brainfood 10.11.2017

Die Börsenschlagzeile der Woche gehört dem Chip Produzenten Broadcom. Das Unternehmen legte eine Übernahmeofferte für den Konkurrenten Qualcomm im Wert von USD 130 Mrd. vor. Falls die Fusion über die Bühne geht, wäre es die bisher grösste Transaktion im Tech Sektor. Was ist der Hintergrund der geplanten Übernahme? Einmal mehr geht es um das Erlangen von Marktdominanz, und zwar im lukrativen Geschäft mit Halbleitern für Smartphones und im Bereich von Wifi und Bluethooth Technologie. Qualcomm's Snapdragon Chips sind zwar fast in jedem Smartphone eingebaut, aber das Unternehmen kämpft mit gröberen Problemen. Der Patentstreit mit Apple ist erst gerade wieder eskaliert, wobei Qualcomm möglicherweise am kürzeren Hebel sitzt.

Der Zeitpunkt für ein unfreundliches Übernahmeangebot seitens Broadcom scheint vor diesem Hintergrund reichlich opportunistisch. ein Blick auf die Kursentwicklung der führenden Chip Produzenten bestätigt diesen Eindruck, Qualcomm fällt im Branchenvergleich deutlich ab. Ein interessanter Nebenaspekt der Geschichte ist der Hintergrund von Broadcom CEO Hock Tan. Er liebt es, ein grosses Rad zu drehen und hat mit riskanten Transaktionen sein Unternehmen zu einem Riesen der Branche aufgebaut.

Mohammed bin Salman mischt Saudi Arabien auf. Unter dem Deckmantel "Korruptionsbekämpfung" findet eine präzedenzlose politische Säuberung statt. Wie die NZZ berichtet, lässt sich der Kronprinz auf ein riskantes Machtspiel ein. Dass sich die Situation auf der arabischen Halbinsel nicht erst diese Woche in eine problematische Richtung entwickelt zeigt ein Blick auf den Disput mit Qatar, der bereits wieder aus dem Blickfeld verschwunden ist.

Die Turbulenzen in den ölreichen Ländern des Nahen Ostens wirken sich auch bei uns aus. Seit Mitte Juni, dem Beginn der Qatar Krise, hat sich der Ölpreis (Brent) um 43% verteuert, gleichzeitig ist z.B. Heizöl in der Schweiz auf den höchsten Stand seit 2014 geklettert.

FANG+ - ein neues Akronym hat Eingang in den Börsenjargon gefunden. An der Derivate Börse ICE wurden diese Woche auf den sogenannten NYSE FANG+ Index Futures Kontrakte lanciert. FANG+ umfasst, salopp formuliert, die Popstars der zeitgenössischen Börsengeneration: Facebook, Apple, Amazon, Netflix, Google, Alibaba, Baidu, Nvidia, Tesla und Twitter. Kritiker wie der Hedge Fund Manager David Einhorn bezeichnen das Konstrukt als "Bubble Basket", eine willkürliche Kollektion von Aktien, die jenseits von ihrem fundamentalen Wert gehandelt werden. Einhorn hat u.a. Berümtheit erlangt, als er rechtzeitig den Untergang von Lehman Bros. vorausgesehen hatte. Mit seinen Short Positionen auf Tesla, Netflix und Amazon liegt er allerdings weit daneben.

Wer sich die steilen Kursgewinne von Firmen wie z.B. Apple vor Augen führt, beschleicht das ungute Gefühl, dass mit neuen Spekulationsprodukten wie Futures auf FANG+ langsam aber sicher das Ende einer langen Hausse eingeläutet wird. Auf der anderen Seite gibt es noch genügend Optimisten, die weiterhin grosses Potential in Aktien wie Tesla orten, wie z.B. hier dargelegt.

Big Tech meets big Government - Im Zusammenhang mit der Einflussnahme von Drittstaaten auf die US Wahlen im vergangenen Jahr mussten vor Kurzem die führenden Social Media Konzerne bei Senatshearings Stellung beziehen. Die allgemeine Debatte dreht sich allerdings nicht nur darum, ob und wie (Falsch)Informationen verbreitet und kontrolliert werden. Generell steht die Rolle der dominierenden Tech Firmen auf dem Prüfstand. Die Marktdominanz in der Online Werbung von Firmen wie Google oder Facebook ist erdrückend und droht den Wettbewerb auszuschalten. Manöver zur Steuerumgehung, wie erneut in den Paradise Papers dargelegt, helfen dem Ansehen Multinationaler Konzerne nicht weiter.

Es ist offensichtlich, dass das politische Risiko in Aktien der genannten Unternehmen signifikant zugenommen hat. Es wäre nicht das erste Mal, wenn die Behörden mit drastischen Massnahmen in die Unternehmensstrategien eingreifen würden. Dass es finanziell richtig teuer werden kann, erlebte Google erst gerade in Europa. Lesenswerte Artikel von Astrid Langer (NZZ) zu Facebook und Mohamed el Erian zur Rolle von Big Tech zeigen die Problematik auf.

Kryptowährungen - Die Aufmerksamkeit gehört weiterhin dem Bitcoin, dessen Preis diese Woche kurzzeitig bei USD 7'800 handelte. Gerne erinnern wir an dieser Stelle an unsere kritischen Gedanken von Mitte Juni, die zumindest in Bezug auf den Preis ein beeindruckend schlechtes Timing zeigten. Unsere Vorbehalte gegenüber dem Treiben in der Welt der Kryptowährungen sind allerdings nicht kleiner geworden, im Gegenteil.

Es bleibt eine Tatsache, digitale Währungen sind in weiten Teilen eine Spielerei mit grossen Risiken in Bezug auf technische Sicherheit und Betrug. Ein Beispiel dafür sind die paar hundert Millionen USD in der "Währung" Ether, die aufgrund technischer Probleme diese Woche eingefroren sind.

Das wird die Spekulanten sicher nicht anfechten, die mit den gängigen Derivaten an der Börse hantieren.

Weekend Brainfood ist unsere Auswahl an Beachtenswertem, das im Verlauf der Woche aufgefallen ist. Kuratiert und teilweise ergänzt mit eigenen Meinungen.

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