Brainfood 19.1.2018

Die Aktienmärkte - verzeichnen in den ersten Wochen 2018 einen Start nach Mass . Die Hausse des letzten Jahres setzt sich nahtlos fort und beschleunigt sich sogar noch. Traditionell gehört der Januar zu den starken Börsenmonaten und ein altes Bonmot lautet: "as January goes, so goes the year".

Was sind die Gründe für die ungetrübte Stimmung an den Märkten? Die Erklärungen der Ökonomen und Finanzexperten sind im Prinzip gleichlautend. Stellvertretend für die Branche fasst der Vermögensverwalter Pimco die Rahmenbedingungen folgendermassen zusammen: "Das aktuelle Goldilocks-Umfeld, das sich durch synchrones und überdurchschnittliches globales Wirtschaftswachstum sowie eine niedrige, aber allmählich steigende Inflation auszeichnet, dürfte auch 2018 fortbestehen - vorausgesetzt, wir erleben keine plötzlichen Kurseinbrüche und auch keinen Weltuntergang."

Da kann ja nichts mehr schiefgehen, denn einen Weltuntergang erwarten selbst wir nicht. Dass gleichgeschaltete Meinungen und als Konsequenz daraus ein ausgeprägter Herdentrieb wahrscheinlich aber keine gute Idee sind, erläutert die NZZ in der Rubrik Reflexe treffend.

 

Als kleine Ironie am Rande des Geschehens ist uns der italienische Aktienmarkt aufgefallen, der im Stile eines 100 Meter Sprinters ins Jahr gestartet ist (+8.1% YTD). Man glaubt es kaum, aber Silvio Berlusconi feiert angeblich ein unerwartetes Comeback, was bei den anstehenden Wahlen noch für Unruhe sorgen dürfte. Ähnlich wie bei Donald Trump scheint die zwielichtige Gestalt Berlusconi inspirierende Wirkung auf die Marktteilnehmer zu haben. Im Falle eines Sieges von Forza Italia müssten die Aktien aus dem Belpaese demnach zum Geheimtipp für 2018 mutieren, was man leider von der Squadra Azzurra an der Fussballweltmeisterschaft nicht behaupten kann.

Byron Wien - In der angelsächsischen Finanzwelt gibt es eine erlauchte Gilde von Investoren, die über Jahrzehnte alle Stürme an den Märkten überstanden und sich einen Platz als Meinungsmacher oder Finanzguru gesichert haben. Bestens bekannt sind Warren Buffett, Bill Gross, Ray Dalio, George Soros oder eben auch Byron Wien. Bei Blackstone amtet Wien im biblischen Alter von 85 Jahren als Senior Advisor für die Analyse von globalen Trends in Sachen Wirtschaft, Politik und Soziales.

Seit nunmehr 33 Jahren publiziert er seine jährlichen "Ten Surprises" mit möglichen Entwicklungen abseits des Konsens. Aufgefallen sind uns diese "Überraschungen": Die Brexit Turbulenzen in England führen zu einem Regierungswechsel mit Jeremy Corbin als neuem Premier. In den USA zieht das Wachstum noch einmal an, was den USD erneut erstarken lässt. Gleichzeitig bewegt sich die Inflation aufgrund steigender Rohstoffpreise (Öl über USD 80 pro Fass) Richtung 3%, was die Rendite 10jähriger US Staatsanleihen von aktuell 2.6% gegen 4% steigen lässt. Dies wiederum hat eine Korrektur am Aktienmarkt von 10% zur Folge, die aber nur temporär ist. Auf der politischen Bühne geht Byron Wien davon aus, dass die Republikaner als Verlierer aus den Zwischenwahlen hervorgehen, Trump hingegen kommt zur Raison und kündigt weder den Atom Deal mit Iran noch das NAFTA Freihandelsabkommen. China währendessen bekommt den widerborstigen Nachbarn Nordkorea in Griff. Das Land willigt in eine Suspendierung des Atomprogramms ein.

 

Mit diesen fachkundigen Prognosen können wir direkt zu den Einschätzungen unserer Leser überleiten, die sich an der Weissenstein "Kristallkugel 2018" beteiligt haben.

 

Kristallkugel - ist unsere Variante der zehn Überraschungen für das Jahr.  Hier können Sie die Ergebnisse und Prognosen zur Umfrage nachlesen.

Teuer - ist es in verschiedener Hinsicht für die Engländer dieser Tage. So berichtete der Ölriese BP, dass das Unternehmen acht Jahre nach dem Deepwater Horizon Debakel einen weiteren Abschreiber von USD 1.7 Mrd. vornehmen muss. Die finale Rechnung wird sich gemäss einem Bericht der Financial Times auf unglaubliche USD 65 Mrd. summieren. Es grenzt an ein Wunder, dass BP unter der Last dieser Zahlungen nicht pleite gegangen ist.

Ein anderes englisches Unternehmen, das diese Woche für Schlagzeilen sorgte, heisst Carillion. Das Bauunternehmen mit über 40'000 Mitarbeitern, welches im grossen Stil als Subkontraktor für den Staat tätig war, musste die Segel streichen und ist bankrott. Die Verwicklung des Staates mit der Unternehmung wird mit Sicherheit noch ein Nachspiel haben. Der Bericht dazu hier.

Und wenn wir schon bei teuren Rechnungen sind, so darf die berühmte EU Austrittsrechnung für die Briten nicht fehlen. Schon im Dezember zeichnete sich eine Einigung ab. Scheinbar muss das Königreich bis zu EUR 55 Mrd. für den Austritt bezahlen.

Beim Hantieren mit grossen Zahlen geht gern die Perspektive verloren. Zur Erinnerung und als Vergleich: der Bau des NEAT Basistunnels hat die Schweiz rund CHF 23 Mrd. gekostet. Ein grosser Betrag, der im Kontext aber geradezu günstig anmutet.

 

Das letzte Wort - in dieser Ausgabe von Brainfood gehört Janet Yellen, der scheidenden Präsidentin der amerikanischen Notenbank. In ihrer letzten Pressekonferenz lässt sie sich mit folgenden Worten zitieren: "....there is nothing flashing red about financial stability risks, or possibly even orange...." Somit scheint an den Finanzmärkten alles in bester Ordnung und die Bahn frei für ein ertragreiches Anlagejahr zu sein. Obwohl, wenn wir an die Einschätzungen von Zentralbankern denken, rsp. uns an Aussagen wie jene von Ben Bernanke im Mai 2007 erinnern, dann kann eine Portion Skepsis nicht falsch sein: "...We believe the effect of the troubles in the subprime sector on the broader housing market will be limited and we do not expect significant spillovers to the rest of the economy or to the financial system..."

 

Wir wünschen ein schönes Wochenende.

Weekend Brainfood ist unsere Auswahl an Beachtenswertem, das im Verlauf der Woche aufgefallen ist. Kuratiert und ergänzt mit eigenen Meinungen.

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