Brainfood 21.9.2018

Aktienradar - diese Woche aufgefallen:

 

  • Zalando bricht nach einer Gewinnwarnung ein: der Sommer war zu heiss..
  • H&M zeigt ein Lebenszeichen: +16% diese Woche nach einem guten Sommer..
  • Jungfraubahn: die sehr  erfolgreiche Unternehmung wurde von der Finma für Kursmanipulationen gerügt. Man wundert sich, was das Management geritten hat, den Aktienkurs zu frisieren, wenn die Kurve seit Jahren stetig nach oben zeigt.
  • Visa/Mastercard reihen sich in den Kreis der Finanzfirmen, die exorbitante Bussen für ihr Fehlverhalten zahlen müssen. Dem  Aktienkurs dieser beiden Unternehmen schadet der USD 6.2 Mrd. Vergleich offenbar nicht, im Gegenteil. Was aber noch mehr erstaunt: braucht es mit dem Aufkommen von Zahlungsapps in Zukunft noch Kreditkarten?
  • Tilray, eine obskure kanadische Firma, die sich in der boomenden Cannabis Branche tummelt, hat diese Woche den Vogel abgeschossen. Das Unternehmen ist seit Juli an der Börse. Wer beim Emissionspreis von USD 17 eingestiegen ist, kann sich ruhig einen Joint gönnen. Die Aktie notiert nach einem wilden Ritt mittlerweile bei USD 176, was einem Marktwert von 16 Mrd. USD entspricht. Der Grund für den rasanten Anstieg? Der CEO sieht grosses Potential für die Branche und seine Firma, dies nachdem die USA den Import von medizinischem Marijuana erlaubt haben.

 

Die SNB - ist einer der grössten Anleger der Welt. Die Bilanzsumme umfasst 757 Mrd. Franken, rund CHF 160 Mrd. sind in Aktien investiert. Bekanntermassen verfolgt die Bank eine indexnahe, passive Anlagestrategie. Abweichungen sind nach Belieben möglich.

Die Öffentlichkeit schaut zunehmend genauer hin, wie das Geld investiert wird. In einem Interview musste der SNB-Chef kürzliche Stellung beziehen, warum die Bank auch in die Rüstungsindustrie investiert. Die Ausführungen sind nicht wirklich schlüssig, aber politisch besteht kein Druck, dass die Nationalbank sogenannte ESG Kriterien umfassend in ihrer Anlagepolitik berücksichtigt. Im Gegenteil, die Wirtschaftskommission des Nationalrats entschied vor wenigen Tagen, dass die SNB internationale Verpflichtungen der Schweiz im Bereich der Nachhaltigkeit nicht berücksichtigen muss. Diese Haltung steht zunehmend quer in der Landschaft. Soeben wurde bekannt, dass  Candriam , ein grosser europäischer Asset Manager mit CHF 125 Mrd. verwalteten Vermögen, problematische Branchen (Rüstung, Kohle, Tabak) bis Ende Jahr aus allen Fonds eliminieren wird. Vorbildlich zeigt sich der norwegische Staatsfonds, der nicht nur seine Strategie in Sachen Nachhaltigkeit klar darlegt, sondern auch eine detaillierte Ausschlussliste führt. Wir haben aus Neugier einen Blick in das  SNB Portfolio geworfen und stellen fest: es ist viel Geld in den verpönten Sektoren investiert. Und mit Waffen, Tabak, Alkohol sowie Glücksspiel lassen sich ausserordentliche Renditen erzielen.

Wir wagen an dieser Stelle den Ausblick, dass sich die Nationalbank über kurz oder lang erneut mit dem Thema wird auseinandersetzen müssen. Es ist schlicht unlogisch, dass die öffentlichen Pensionskassen unter Druck ihr Anlageuniversum einschränken und die Finanzindustrie zunehmend ESG Standards implementiert, während die Zentralbank unkontrolliert eigenen Regeln folgt.

 

Ölhahn zugedreht - Noch bevor eine neue Serie amerikanischer Sanktionen gegenüber der iranischen Ölindustrie in Kraft tritt, zeigt die Massnahme bereits Wirkung:  Irans Ölexporte sind seit April, als Trump den Atomdeal aufkündigte, bereits um 30% gefallen. Der Schaden ist immens: Der Haushalt des Landes gerät in Schieflage, denn 80% der Staatseinnahmen basieren auf Erdölsteuern. Der Rial, die Landeswährung, ist bereits um 60% gefallen und die  Inflation springt nach oben . Die Rechnung des amerikanischen Präsidenten geht schneller auf als gedacht.

Das Problem dabei: die Effizienz seiner undiplomatischen und aggressiven Politik wird ihn darin bestärken, auch andere Konflikte nach ähnlichem Muster zu führen, was nichts Gutes für den  Handelsstreit mit China bedeutet. Und als Nebeneffekt steigt  der Ölpreis und wird wohl demnächst die 80 Dollar Marke pro Fass knacken.

 

Family Owned Business - Nachdem wir letzte Woche über den Erfolg von familien- oder eigentümergeführten Unternehmen berichtet haben, ist uns ein solcher "Hidden Champion" aus Deutschland aufgefallen. Knorr Bremse, gegründet 1905, Weltmarktführer für Bremssysteme und führender Anbieter von sicherheitskritischen Systemen für Schienen- und Nutzfahrzeuge hat Pläne bekanntgegeben, die Aktien an der Börse zu listen. 

Gemäss eigenen Angaben wächst Knorr seit 1989 jährlich mit mehr als 10% und erzielte 2017 mit einem Umsatz von EUR 6.1 Mrd. einen EBIT von EUR 900 Mio. Auch in diesem Jahr ist das Unternehmen mit seinen 27'700 Mitarbeitern hervorragend unterwegs. Der Umsatz steigt bis Mitte Jahr um 11.6% auf EUR 3.3 Mrd. Dieser Erfolg wird für die Anleger seinen Preis haben. Die Erwartung ist, dass die Börsenbewertung zwischen 8 und 12 Mrd. EUR zu liegen kommt. Knorr braucht kein frisches Geld. Die Idee ist, dass der 77jährige Milliardär Heinz Hermann Thiele einen grossen Minderheitsanteil verkauft, damit die Gesellschaft breiter aufgestellt werden kann.

Die nächste Krise - rückt näher. Wenn man dem Dauerpessimisten Nouriel Roubini oder dem Chef der Fluggesellschaft Emirates Glauben schenken will, ist es spätestens 2020 soweit. In der Tat häufen sich die möglichen Stolpersteine. Hier sind sie zusammengefasst:

 

  • US Fiskalpolitik nicht nachhaltig (Steuersenkungen verursachen riesige Defizite).
  • Timing der Steuersenkung führt zu Überhitzung der US Konjunktur mit steigenden Inflationsraten, Kurzfristzinsen von 3.5% bis Mitte 2020 und einem weiter steigenden USD.
  • Handelskrieg USA vs. Rest der Welt schwächt das globale Wirtschaftswachstum.
  • "Policy Errors" der US Regierung lasten auf der Wirtschaft: kein Infrastrukturplan, Immigration, Behinderung von Technologietransfer und Investitionsflüssen.
  • Wachstumsabschwächung im Rest der Welt bereits in Gang (China und Schwellenländer).
  • Europa in schwacher Position: Handelsfriktionen mit USA, Brexit Risiken, Italien.
  • Hohe Bewertungen an den globalen Finanzmärkten (Aktien, Staatsanleihen und High Yield).
  • Systemische Risiken: Kurskorrekturen können ganze Marktsegmente, insbesondere Anleihen einfrieren und noch grössere Verluste verursachen.
  • Trump: Konflikt mit der US Notenbank, falls sich die Wirtschaft abschwächt und die Arbeitslosigkeit steigt. Risiko einer militärischen Auseinandersetzung mit Iran als Ablenkungsmanöver.
  • Wenn der "perfekte Sturm" eintritt, fehlen der Politik (inkl. den Zentralbanken) die Instrumente um einzugreifen: Fiskalstimulus nicht mehr möglich, da Verschuldung bereits zu hoch und die Zinsen können kaum gesenkte werden.

 

Nicht verschweigen wollen wir an dieser Stelle, dass schon mancher Crash prognostiziert wurde, auf den wir noch heute warten, wie  diese Grafik zeigt.

 

E-Bikes - Als Hobby Radfahrer stellt man unschwer fest: wer sich mit eigener Muskelkraft vorwärts bewegt, wird immer häufiger von den E-Bike Fahrern überholt. Und tatsächlich sind die motorisierten Velos überaus populär. 2017 wurden in der Schweiz gemäss dem Verband Velosuisse 88'000 E-Bikes verkauft (26% des Gesamtmarktes). Im Jahr 2007 waren es erst 11'600 (3.6%).

Das mag eine beeindruckende Entwicklung sein, aber im Vergleich zu China sind das Peanuts. Im Reich der Mitte sind gemäss dem Beratungsunternehmen Wood Mackenzie 200 Mio. E-Bikes unterwegs. Für die Chinesen ist das Elektrovelo ein günstiges und effizientes Transportmittel, um sich in den rasch wachsenden Städten vorwärts zu bewegen. Was sympathisch und umweltfreundlich daherkommt, hat auch eine Kehrseite. 15% des globalen Bedarfs an Blei (zur Herstellung von Batterien) benötigen allein die elektrofahrenden chinesischen Biker. Die billige Produktion und das Recycling der Batterien sind allerdings hochproblematisch, so dass gelegentlich sogar die chinesischen Behörden eingreifen.

Weekend Brainfood ist unsere Auswahl an Beachtenswertem, das im Verlauf der Woche aufgefallen ist. Kuratiert und ergänzt mit eigenen Meinungen.

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