Brainfood 7.12.2018

Unternehmen im Rampenlicht - die Auswahl der Woche

 

  • Implenia verstört die Anlegerschaft mit einer Hiobsbotschaft. Das Unternehmen muss hohe Wertberichtigungen für Geschäfte im europäischen Ausland vornehmen. Nicht nur der Aktienkurs bricht ein, auch die Kurse der ausstehenden Obligationen deuten auf eine veritable Krise hin. Merkwürdig an der Geschichte ist, dass die potentiellen Probleme um den Baukonzern schon länger bekannt sind. Es wollte offensichtlich niemand hinhören, bis der neue CEO das Steuer übernommen hat. 
  • Maersk transportiert jeden fünften Container weltweit. Die Schiffe des Unternehmens blasen jährlich 36 Millionen Tonnen Treibhausgase in die Luft. Nun haben sich die Dänen einer grossen Vision verschrieben. Bis im Jahr 2050 will Maersk komplett CO2 frei operieren. Wie soll das gehen? Mit neuen Technologien, die es teilweise gar noch nicht gibt, soll die Hochseeschifffahrt revolutioniert werden: Biotreibstoffe, Solar, Wind, Wasserstoff alles ist möglich. Eines ist sicher: Für die kühne Ansage wird nicht das heutige Management die Verantwortung übernehmen. Andererseits, wenn man bedenkt, dass Elon Musk bis in zehn Jahren Menschen auf den Mars schicken will, sollte das Klimaziel von Maersk locker machbar sein.
  • Microsoft - Im Jahr 1998 mit Bill Gates an der Spitze kurzzeitig das wertvollste Unternehmen der Welt, erlebte Microsoft wechselvolle Jahre. Zeitweilig wurde der Niedergang prognostiziert (Ende des PC und Windows Booms), rsp. versucht, Microsoft wegen monopolistischen Praktiken zu zerschlagen. Ein Running Gag bleibt sodann der Auftritt von Steve Ballmer mit seiner legendären Fehleinschätzung zum Potential des iPhone. Tempi passati, getreu dem Motto "Totgesagte leben länger", hat Microsoft ein beinahe unglaubliches Revival im Schatten von Apple hingelegt. Und der letzte Lacher gehört in diesem Fall Ballmer, der seinen Lapsus mit dem frühzeitigen Einstieg in das lukrative Cloud Geschäft kompensierte. Die beiden Unternehmen sind an diese Woche exakt gleich viel wert: USD 838 Mrd.
  • Ericsson - scheint von den Querelen um den grössten Konkurrenten, Huawei, zu profitieren. Die Aktie zeigt in einem schwierigen Markt Stabilität . Gleiches können  72 Millionen Kunden von O2 in England und Softbank in Japan nicht behaupten. Die Netzwerke, ausgerüstet von Ericsson, sind seit gestern nach einem Sotfwarefehler ausgefallen. Gute Werbung sieht anders aus , aber der politische Rückenwind wird den Schweden wohl erhalten bleiben. 

 

Die Globalisierung - im Rückwärtsgang

 

In einem Beitrag für die FuW geht der bekannte Ökonom Felix Zulauf auf den Zustand der Weltwirtschaft und die Gründe für einen bevorstehenden Rückbau der Globalisierung der letzten 30 Jahre ein. Die Lektüre lohnt sich als Alternative zu den Wirtschaftsprognosen, die in den kommenden Wochen auf uns Leser niedergehen werden und in der Regel nicht mehr als eine Sammlung der aktuellen Konsensmeinung bieten:

 

"....Wer Trump, Brexit und andere Anti-Establishment-Entwicklungen einfach als kurzsichtig darstellt, der muss zuerst einmal erkennen, dass die heutige Situation die Folge einer fehlgeleiteten Politik eben dieses Establishments ist. Es ist diese egoistische und rücksichtslose Globalisierung, die bei uns viele Verlierer produziert hat und solche, die befürchten, es zu werden. Gepaart mit übermässiger Migration, fühlen sich immer mehr Bürger von den etablierten Volksparteien nicht mehr vertreten. Das schürt den Nationalismus....Die Globalisierung wird nun abgewickelt, und für multinationale Unternehmen bricht eine andere Welt an...Entsprechend müssen sich Firmen und Anleger darauf einstellen, dass die Rentabilität des Unternehmenssektors vermutlich über viele Jahre abnehmen wird..."

 

Anmerkung: Ergänzend zu den Ausführungen Zulaufs diese zwei Charts des Ökonomen Ed Yardeni. Während sich die Gewinnmargen der US Unternehmen auf rekordhohem Niveau bewegen, ist der Anteil der Vergütungen an die Arbeitnehmer sehr tief. Es ist dies ein Ungleichgewicht, oder eine Umverteilung von unten nach oben, die früher oder später korrigiert wird.

 

Klimawandel - heisst das Schlagwort der Woche. An der Klimakonferenz in Katowice wird über Massnahmen zur Einhaltung der Klimaziele verhandelt. In der Schweiz steht im Parlament ein neues CO2 Gesetz zur Debatte. Um was es geht, zeigen diese beiden Charts eindrücklich:

- die Klimaerwärmung beschleunigt.

- die CO2 Emissionen steigen ungebremst.

- die westlichen Industrieländer haben beim Output bereits eine Trendwende erreicht.

- China und andere Schwellenländer eliminieren alle bisherigen Bemühungen.

 

Aufgefallen sind uns rund um die Klimadebatte Glencore und Shell. Glencore's CEO Ivan Glasenberg setzt mit vollem Einsatz auf das Geschäft mit Kohle. Die Nachfrage ist auf seiner Seite, wie der Boom in Chinas Kraftwerkbau und die ökonomisch/politische Logik des Geschäfts mit Kohle zeigen. Shell auf der anderen Seite beugt sich dem Druck von ESG Investoren und will sich künftig verbindliche Jahresziele zur Reduktion des Ausstosses von Kohlendioxid setzen.

 

Es braucht wirklich eine gesunde Portion Optimismus, um unter diesen Vorzeichen eine Wende zum Positiven erkennen zu können.

 

Nespresso - ist in vielerlei Hinsicht eine beeindruckende Geschichte und für Nestlé ein glänzendes Geschäft. Einige Eckwerte dazu:

  • 13'500 Mitarbeiter arbeiten für Nespresso (331 Mitarbeiter im Jahr 2000).
  • Die Schweiz exportiert dank Nespresso mehr Kaffee als Käse und Schokolade.
  • Vom Preis einer Kapsel (zwischen 50 und 60 Rappen) verbleiben geschätzt 25% als Gewinn bei Nestlé.
  • Für die Convenience der Kapsel und Zubereitung ist der Konsument bereit, über 100 Franken pro Kilo Kaffee zu zahlen, rsp. rund das Fünffache von Qualitätsbohnen.
  • Weltweit sollen 100'000 Recycling Points helfen, den Kapsel Abfall zu rezyklieren.
  • Die Produktion der Kapseln erfolgt vollumfänglich im Hochlohnland Schweiz. Gerade erst gab der Konzern bekannt, weitere Investitionen zu tätigen.

 

Die Schattenseiten des Geschäftsmodells sind hinlänglich bekannt. Der Umgang mit dem Aluminium Abfall ist die eine Seite, die Produktion des Metalls eine andere: Für eine Million Kapseln wird rund 1 Tonne Aluminium benötigt. Die Herstellung dieser Tonne Metall verschlingt ca. 15'000 KhW Strom, der Abbau des benötigten Bauxits verursacht 5 Tonnen giftige Schlacke und hinterlässt verwüstete Landschaften , z.T. in tropischen Gebieten. Der CO2 Footprint von 11.5 Tonnen CO2 Emissionen kommt dann noch dazu.

 

Nestlé ist sich der Problematik bewusst und ist neuerdings eine Partnerschaft mit dem Bergbaukonzern Rio Tinto eingegangen. Das Ziel ist, für die Nespresso Kapseln zertifiziertes, "nachhaltiges" Aluminium zu beziehen. Die Bemühungen das Nahrungsmittelmultis sind sicherlich löblich, aber lösen das Problem nicht ansatzweise. Dafür ist der Konzern zu gross und der Druck, die Gewinnmargen hoch zu halten, steht echter Nachhaltigkeit im Wege.

 

Umweltfreundliche Alternativen stehen dem Kaffeeliebhaber aber zur Verfügung. So bietet z.B. der Schweizer Kaffeeimporteur Tropical Mountains Bio Kaffee aus Peru in kompostierbaren Kapseln an. Preislich ist das Produkt vergleichbar. Wir haben die Kaffee Kapseln in unserem Büro getestet. Fazit: Der Versuch ist gelungen und ab sofort können die Gäste von Weissenstein & Partner selber entscheiden, wie nachhaltig ihr Espresso sein soll.

 

 

Food Delivery - Während Pizza Kuriere ein gewohntes Bild sind, kommt jetzt mit UBER Eats demnächst eine weitere Segnung der digitalen Ökonomie zu uns in die Schweiz. Kurierdienste für Takeaway Essen sind eine populäre Spielwiese der Venture Capital Szene. In Grossbritannien buhlen die Marktführer UBER Eats, Deliveroo und Just Eat um die Vorherrschaft in einem Markt, der gemäss Schätzungen ein Volumen von CHF 5 Mrd. im Jahr 2020 erreichen soll.

Deliveroo, der Marktführer, weist die üblichen Merkmale der Startup Szene auf: hohes Wachstum, riesige Verluste und eine imaginäre Bewertung. Der Umsatz des Unternehmens verdoppelte sich letztes Jahr auf GBP 277 Millionen, dies bei einem um 43% höheren Verlust von GBP 185 Mio. Wer soviel Geld verbrennt, braucht regelmässig frisches Kapital. Gemäss einem Bericht der Financial Times versucht Deliveroo zur Zeit USD 400 Millionen bei einer Bewertung von USD 4 Mrd. zu beschaffen.

UBER Eats verfolgt hingegen eine andere Strategie. Anstatt das Geschäft aufzubauen, will das Unternehmen den Konkurrenten Deliveroo gleich verspeisen, und zwar zu einer Bewertung von USD 2 Mrd. - wahrscheinlich in eigenen, ebenfalls überbewerteten Aktien versteht sich.

Weekend Brainfood ist unsere Auswahl an Beachtenswertem, das im Verlauf der Woche aufgefallen ist. Kuratiert und ergänzt mit eigenen Meinungen.

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