Brainfood 28.12.2018

Les jeux sont faits - das Finanzjahr 2018 bleibt nach einem haarsträubenden Dezember in unangenehmer Erinnerung. Obwohl die Weltwirtschaft und insbesondere die amerikanische Konjunktur (noch) solide wachsen, stehen die Finanzmärkte zum Jahresende im Gegenwind. Wir beschränken uns bei der Rückschau auf die Prognosen, die unsere Leser Ende letzten Jahres beim Blick in die Kristallkugel 2018 gemacht haben. Zur Erinnerung hier noch einmal die Fragen und dazu die Zusammenfassung der damaligen Antworten, die wir mit dem Endresultat ergänzt haben.

 

Wie sich zeigt, scheint der Blick ins Jahr 2018 ziemlich vernebelt gewesen zu sein. Der zuverlässigste "Prophet" brachte es auf 3 von 9 möglichen Treffern und nicht wenige Teilnehmer mussten sich gar mit einer Nullrunde bescheiden. 

 

Der Gewinner der Umfrage darf sich nun ein Jahr lang auf die Lektüre des Republik Magazins freuen. Das Abonnement ist unterwegs.

 

Die Zeit läuft ab - für die Deutsche Bank und die Commerzbank. Der Aktienmarkt stutzte die beiden Grossbanken im Dezember noch einmal zurück. Die Bilanz: Deutsche Bank - 14%, Commerzbank - 25%. Übers ganze Jahr gesehen halbierten sich die Kurse der beiden Institute, sie bilden das Schlusslicht unter Europas Banken und schneiden noch schlechter ab als die Titel der von Geldwäschereiproblemen befallenen dänischen Danske Bank.

Die Sache ist nicht so trivial, wie man denken mag. Im Gegenteil: wenn die zwei grössten Banken der stärksten Volkswirtschaft in Europa im freien Fall sind, dann stimmt etwas nicht. Krisenerprobte Bankbeobachter aus der Schweiz wundern sich: woher nehmen die Deutschen die Gelassenheit im Umgang mit ihren "Too big to fail" Banken? Das Einzige was man immer wieder liest, ist die fantasielose Idee, die beiden Unternehmen zu fusionieren.

 

Zum Zustand von Commerzbank und Deutsche Bank  diese Eckwerte :

  • Beide notieren noch bei einem Viertel ihres Buchwertes.
  • HSBC, gemessen an der Bilanzsumme etwa gleich gross wie DBK und CBK, ist an der Börse rund siebenmal mehr wert.
  • Die stabilsten Grossbanken in Europa sind ausgerechnet im vom Brexit bedrohten England domiziliert.
  • Die Kapitalmärkte schätzen das Ausfallrisiko für die Deutsche Bank ähnlich hoch ein, wie bei der italienischen Unicredit.

 

Wie weiter mit diesen Banken? Während in der Schweiz die Chefs von UBS und CS die tiefe Bewertung nutzen und in die Aktien ihrer Arbeitgeber investieren, bereiten sich in Grossbritannien die Finanzhäuser darauf vor, die Dividenden zu erhöhen und Aktien am Markt zurückzukaufen.

Die Zeit ist gekommen, dass Deutschland, rsp. die Eurozone das Aufräumen in der Bankbranche ernsthaft in Angriff nehmen, sonst kommt der Tag, an dem die Finanzmärkte diese Arbeit erledigen. Ein erster Schritt wäre, wenn sich die EZB endlich von den schädlichen Negativzinsen verabschieden würde.

 

Venture Capital - Während sich die Investoren an den traditionellen Finanzmärkten mit ernsthaften Sorgen herumschlagen, herrscht in der Welt der Startup Finanzierung gute Laune. 2018 ist ein absolutes Rekordjahr, was die Volumen an VC Deals anbelangt, und zwar anzahlmässig als auch gemessen in USD . Motor dieser Entwicklung sind nicht zuletzt neu aufgelegt Megafonds, wie z.B. der Visionfund von Softbank mit seinen 100 Mrd. USD Volumen, die riesige Finanzierungsrunden zu immer höheren Bewertungen ermöglichten. Nun könnte aber das unschöne Ende dieser Party bevorstehen: 

 

  • Liquidität: Die Risikoaversion nimmt zu, im High Yield Markt mehren sich die Zeichen für ein Ende des Kreditzyklus.
  • IPOs sind die bevorzugte Exitstrategie für Venture Capital Investoren. Ausgerechnet Softbank fällt mit einem Misstritt auf: Das USD 23 Mrd. IPO von Softbank ist ein Flop, der die Glaubwürdigkeit von Mas Son in Frage stellt.
  • Die ersten IPOs kämpfen bereits ums Überleben. Blue Apron z.B. steht stellvertretend dafür, mit welchen Versprechen und Bewertungen unausgegorene Geschäftsmodelle von VC Investoren an den Markt gebracht werden. Die letzte Finanzierungsrunde bewertete das Einhorn mit USD 2 Mrd. An die Börse kam die Gesellschaft vor 18 Monaten zu 10 Dollar pro Aktie und einer Bewertung von 1.9 Mrd. Heute handelt der Titel bei 80 Cents, ein veritables Desaster.
  • Auch im chinesischen Markt wachsen die Bäume für Tech Investoren nicht in den Himmel, wie der Niedergang des Startups Ofo zeigt: "It now appears bike sharing is the stupidest business, but the smartest brains of China tried to get in..." - wer hätte das gedacht.
  • UBER: Die Zeichen verdichten sich für ein IPO in naher Zukunft. Die Transaktion wird zum Härtetest für die VC Branche: Die Frage, ob die Bewertungsmassstäbe in den Private Markets Hand und Fuss haben, findet endlich eine Antwort. Die Messlatte ist hoch angesetzt. UBER soll angeblich  120 Mrd. Dollar wert sein. Weitere Kandidaten in der Pipeline sind Airbnb und WeWork.

 

News  - Vor einem halben Jahr wurde wochenlang, auch in Qualitätsmedien, darüber sinniert, ob Apple oder Amazon als erstes Unternehmen den Sprung zur 1 Billion USD Company schafft. Vergleiche zur Marktkapitalisierungen einzelner Unternehmen haben keine Relevanz und mögen der Wirtschaftspresse dienen, ihre Spalten mit Superlativen zu füllen. Letztenendes erreichten beide Firmen die Wegmarke, wie z.B. NZZ oder auch die FAZ berichteten.

Nun ist das Schnee von gestern und mit der zeitlichen Distanz wird der eigentliche Wert solcher No-News ersichtlich: 1. Sie sind eine Reflektion der Anlegerstimmung und des Zeitgeistes und 2. sie kommen nicht selten an Wendepunkten.

 

Im Fall von Apple und Amazon war bei beiden die 1'000 Milliarden Marktkapitalisierung das vorläufige Ende der Fahnenstange . Jetzt, Ende 2018, nach der Korrektur der letzten Monate steht Apple bei USD 715 Mrd. und Amazon bei USD 673 Mrd. - eine gewaltige Wertvernichtung auf dem Papier. Und noch eine kleine Notiz am Rande: Für den Moment hat der alte Rivale Microsoft die Nase im Rennen um die wertvollste Firma der Welt vorne. Fortsetzung folgt.

 

Weissenstein Kristallkugel 2019 - Der Blick ins neue Jahr scheint leicht getrübt, die Unsicherheiten sind zahlreich: Brexit, Handelskrieg, Italien, Trump und aus Schweizer Sicht das Rahmenabkommen mit der EU oder die Wahlen im Herbst sind nur einige der Fixpunkte.

Ob Sie einen klaren Blick in die Kristallkugel haben, können Sie hier testen. Wir freuen uns auf Ihre Teilnahme.

 

Dem/der besten Forecaster/in winkt wiederum ein lesenswerter Gewinn - ein 2-jahres Abo des Wirtschaftsmagazins PUNKT.

Weekend Brainfood ist unsere Auswahl an Beachtenswertem, das im Verlauf der Woche aufgefallen ist. Kuratiert und ergänzt mit eigenen Meinungen.

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